Der Kanzlerkandidat der Grünen verkauft seinen Reformplan für die deutschen Sozialsysteme als Wohltat für die Mittellosen. Tatsächlich handelt es sich aber um knallharte Klientelpolitik.
Sie lesen einen Auszug aus dem werktäglichen Newsletter «Der andere Blick», heute von Johannes C. Bockenheimer, Redaktor der NZZ in Berlin. Abonnieren Sie den Newsletter kostenlos. Nicht in Deutschland wohnhaft? Hier profitieren.
Als Wähler der deutschen Grünen lebt es sich vergleichsweise unbeschwert. Das jedenfalls legen die Statistiken nahe: Die Ausbildung von Anhängern der Öko-Partei erfolgt mehrheitlich akademisch, die Einkommen fallen dementsprechend überdurchschnittlich aus. Auch die Angst vor dem Jobverlust dürfte gering sein, denn keine andere deutsche Partei zählt mehr Beamte zu ihrer Wählerschaft.
Der Plan von Robert Habeck, das marode deutsche Sozialsystem mit einer Abgabe auf Kapitaleinkünfte zu stützen, dürfte deshalb bei vielen Grünen-Wählern kaum für Aufregung sorgen. Schliesslich verdienen viele von ihnen so gut, dass sie über der Einkommensgrenze für Sozialabgaben liegen (der sogenannten Beitragsbemessungsgrenze) – oder sie sind als Beamte gar nicht gesetzlich versichert, sondern privat.
Den Zorn der eigenen Klientel musste der Kanzlerkandidat der Grünen also nicht fürchten, als er sich jüngst vor die Kameras stellte und sich darüber echauffierte, dass in Deutschland auf Löhne von Arbeitnehmern zwar Abgaben für die gesetzliche Kranken-, Renten- oder Pflege-Versicherung fällig würden, gleichzeitig aber Dividenden- oder Zins-Gewinne nicht sozialversicherungspflichtig seien. Dies zu ändern, behauptete er, sei ein «Schritt zu mehr Solidarität».
Dass die Sozialsysteme saniert werden müssen, steht dabei ausser Frage. Den gesetzlichen Krankenkassen etwa fehlen allein durch die Versorgung von Empfängern von Sozialhilfe, in Deutschland «Bürgergeld» genannt, jährlich 9,2 Milliarden Euro. Der Staat zahlt für jeden Bezieher nur 119 Euro im Monat, obwohl die tatsächlichen Kosten fast dreimal so hoch liegen. Diese Lücke müssen bis jetzt die Beitragszahler stopfen.
Doch Habecks Vorschlag löst das Problem nicht. Im Gegenteil, er schafft nur neue Ungerechtigkeiten. Die Hauptlast trügen ausgerechnet jene, die eigenverantwortlich fürs Alter vorsorgen wollen. Das führt eine Beispielrechnung des Forschungsinstituts IW vor Augen: Wer heute 100 000 Euro für die Altersvorsorge anlegt und damit eine Rendite von fünf Prozent erzielt, muss von den 5000 Euro Ertrag bereits gut ein Viertel an den Staat abführen. Nach Steuern und Solidaritätszuschlag bleiben 3900 Euro übrig.
Mit Habecks zusätzlichen Sozialabgaben würde der Ertrag dann auf magere 3100 Euro schmelzen, was am Ende eine Nettorendite von gerade einmal 3,1 Prozent bedeuten würde. Fast 40 Prozent der Rendite würden dann an den Staat fliessen – ohne dass dieser auch nur einen Euro des Investitionsrisikos trägt. Gutverdiener können sich dieser Belastung entziehen, sobald ihr Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze übersteigt. Beamte – wie erwähnt die wichtigste Wählergruppe der Grünen – wären von den zusätzlichen Abgaben ohnehin nicht betroffen.
Zwar beeilten sich Habeck und seine Partei, zu betonen, dass ihr Plan vor allem «Reiche» stärker belasten solle. Doch dafür brauchte es entweder einen deutlich höheren Sparerfreibetrag, der gegenwärtig bei 1000 Euro liegt. Oder aber eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze für Gutverdiener. Wie stark eine solche Anhebung aussehen müsste, darüber schweigt Habeck bis heute.
Und schiebt die Verantwortung lieber anderen zu: Ein Bürgerrat könne später ja die Details klären, sagte er bloss. Ein Kanzlerkandidat aber, der mit solchen Ideen Verunsicherung stiftet und dann die heissen Fragen andere klären lassen möchte, hinterlässt vor allem Zweifel an seiner Führungsstärke.
Hinzu kommt, dass Habecks Plan nicht nur finanzielle, sondern auch erhebliche bürokratische Hürden schafft. Banken und Krankenkassen müssten plötzlich eng zusammenarbeiten, um Kapitalerträge zu erfassen und korrekt abzurechnen – ein logistischer Albtraum. Versicherte wären gezwungen, ihre Einkünfte regelmässig offenzulegen, und die Krankenkassen müssten diese Daten aufwendig prüfen. Gerade für Kleinsparer und freiwillig gesetzlich Versicherte würde der Aufwand enorm steigen. Statt Vereinfachung und Entlastung droht also ein Dickicht neuer Vorschriften, das mehr Verwirrung als Nutzen stiftet.
Während Kleinanleger und Sparer mit deutlich höheren Belastungen rechnen müssen, kann die Stammklientel der Grünen übrigens durchaus auf Vorteile hoffen. Beamte, die von den zusätzlichen Abgaben verschont bleiben, profitieren zumindest indirekt von einem höheren Kapitalaufkommen im Gesundheitssystem. Schliesslich werden Privat- und gesetzlich Versicherte oft mit denselben medizinischen Geräten und auch vom selben Personal behandelt. Was Habeck hier als «Solidarität» verkauft, entpuppt sich als knallharte Klientelpolitik zugunsten Besserverdienender – und zugleich als Kampfansage an die Mittelschicht, die die Hauptlast seines Plans tragen soll.
Es ist in der Tat eine Kriegserklärung an die hart arbeitende Mittelschicht, die sinnvolle Vorsorge trifft, um von mehr als nur der Rente zu leben und dem Staat nicht zur Last zu fallen. Aber SPD und Grüne wollen ja geradezu von allen Menschen, dass sie vom Staat abhängig werden, um sie entsprechend steuern und besteuern zu können, während sie sich selbst fleißig die Diäten erhöhen und ihren Familienmitgliedern und Bekannten Pöstchen in ihren Ministerien zuschachern.
Robert Habeck wirkt ganz anders als er wirklich ist. Mit säuselnder Stimme Süßholz raspelnd, von ö-r Journalisten in Wohlfühlatmosphäre befragt, gibt er den verständigen netten Politiker. In Wirklichkeit ist er ein knallharter Ideologe, ohne Fachwissen für sein Ministerium. Geradezu unverschämt werden da Verbotsgesetze, Vorschriften und zusätzliche Kosten auf die Bürger verteilt. Technologien verboten, andere dagegen hoch subventioniert. Dafür, dass er "mit Deutschland noch nie etwas anfangen konnte" und "stets zum kotzen fand", hat er 3 Jahre sehr gut von diesem Land gelebt. Jetzt, nachdem er angefangen hat, es zu deindustrialisieren, will er sogar noch Kanzler werden!? Robert Habeck ist ein Verhängnis für Deutschland!